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Diagnose

Diagnose

Der häufigste Erreger der Harnblasenentzündung (kurz: Blasenentzündung, medizinisch: Zystitis), das Bakterium Escherichia coli, überlistet mit einem Trick die natürliche Schutzauskleidung der Harnblase und ruft eine Entzündung hervor. In der Regel gibt ein Teststreifen Aufschluss über die Entzündungsreaktion – manchmal ist jedoch eine Urinkultur nötig, um die raffinierten Keime zu bestimmen.

Im Überblick

  • Die „richtigen“ Bakterien am „falschen“ Ort
  • Verantwortliche Bakterien identifizieren
  • Nur selten sind Viren beteiligt


Bei einem gesunden Menschen ist die Harnblase (nicht aber der untere Teil der Harnröhre) völlig keimfrei. Dafür sorgt eine spezielle „Innenauskleidung“ der ableitenden Harnwege – also im Nierenbecken, im Harnleiter zwischen Niere und Blase, in der Harnblase und im oberen Teil der Harnröhre. Dieses sogenannte Urothel ist ein Gewebe, das aus mehreren Schichten besteht und sich „elastisch“ dem Füllungszustand der Blase anpassen kann. Darüber hinaus sorgt es dafür, dass aus der Harnröhre aufsteigende Bakterien nicht so gut in der Blase anhaften und mit dem Urin schnell wieder aus dem Körper ausgespült werden können. Der Urin selbst ist übrigens gar nicht so „bakterienfeindlich“, wie man annehmen könnte – bei manchen Keimen fördert er sogar das Wachstum.

Das Urothel bietet einen recht zuverlässigen Schutz vor Bakterienangriffen – Erreger müssen sich deshalb eines Tricks bedienen: zum Beispiel, indem sie aus Eiweiß bestehende, fadenförmige Zellorganellen entwickeln, die sogenannten Pili, mit denen sie sich wie mit einem Anker in den Harnwegen festsetzen können. Äußere Umstände können das raffinierte Vorgehen dieser Keime noch unterstützen, etwa:

  • ein zu geringer Harnfluss zum Beispiel infolge einer zu geringen Flüssigkeitsaufnahme
  • Eingriffe wie das Legen eines Blasenkatheters oder eine Blasenspiegelung

Fehlbildungen der Harnwege oder die schon genannten mechanischen Ursachen wie ein Gebärmuttervorfall oder eine vergrößerte Prostata können verhindern, dass der Urin ungehindert abfließen und Bakterien, die über die Harnröhre in die Harnblase hochgewandert sind, ausspülen kann. Auch Diabetes mellitus birgt das Risiko häufigerer Harnwegsinfekte, weil der bei unzureichender Einstellung buchstäblich süße Urin für manche Keime ein idealer Nährboden ist und überdies das Immunsystem durch den Diabetes beeinträchtigt sein kann.
 

Die „richtigen“ Bakterien am „falschen“ Ort

In etwa zwei Drittel aller Fälle handelt es sich bei dem Blasenentzündungserreger um einen „ganz normalen“ Darmbewohner: das Bakterium Escherichia coli (E. coli), das schon kurz nach der Geburt im Darm eines Säuglings nachgewiesen werden kann und sich dann immer weiter vermehrt. Im Darm trägt dieser Keim zu einer gesunden Darmflora bei (muss allerdings auch hier ausreichend „Gegenspieler“ haben, die sein Wachstum in Schach halten). Gelangt E. coli in ausreichender Menge in die Harnblase, kann er dort zu einer Blasenentzündung führen. Aber auch andere Bakterien wie Klebsiellen oder Proteusarten sind nicht ungewöhnlich wie schließlich auch Bakterien, die durch sexuellen Kontakt übertragen werden – etwa Chlamydia trachomatis und Neisseria gonorrhoeae, der Erreger der Gonorrhoe (Tripper).

Nicht selten kommt es auch in Krankenhäusern zur Übertragung von Erregern. Möglicherweise ist der Grund dafür, dass diese Erreger, meist auch E. coli, ganz besonders hartnäckig sind, weil sie bereits Resistenzen entwickelt haben, also auf Antibiotika nicht mehr ansprechen.


Diagnose meist schnell gestellt
Das „Leitsymptom“ Brennen beim Wasserlassen bei einer geschlechtsreifen Frau ist für den behandelnden Arzt meist schon aussagekräftig genug, um an einen Harnwegsinfekt zu denken. Kommen weitere typische Symptome eines unkomplizierten wie Harnwegsinfekts, ständiger Harndrang und Schmerzen im Unterbauch hinzu, womöglich noch Blasenentzündungen in der Vorgeschichte der Patientin, ist meist keine weitere Untersuchung erforderlich. Eine unkomplizierte Methode, um festzustellen, ob tatsächlich eine Entzündung vorliegt, ist übrigens ein Teststreifen. Er wird mit Urin benetzt und zeigt an, ob weiße Blutkörperchen (= Entzündungszeichen) und Nitrit (= Stoffwechselprodukt der Bakterien) im Urin nachweisbar sind.

Wer steckt dahinter?
Nicht immer reicht es zu wissen: Es handelt sich um eine Entzündung. Denn das beschreibt die Reaktion des Körpers auf Krankheitskeime, nicht aber, welche Krankheitskeime die Verursacher der Entzündung sind. Zwar kann man in der Mehrzahl der Fälle an das Bakterium E. coli denken, aber eben nicht immer. Bei komplizierten Harnwegsinfekten sind deswegen weiterführende Untersuchungen nötig – das heißt

  • bei Frauen, die immer wieder (mehr als zweimal im Jahr) eine Harnwegsinfektion bekommen,
  • bei Diabetes mellitus,
  • bei einer zum Beispiel medikamentös oder bestrahlungsbedingten Immunsuppression,
  • bei Männern und Kindern,
  • bei Schwangeren und alten Menschen und
  • wenn anatomische Anomalien wie Zystennieren oder Verengungen der Harnwege vermutet werden.

Verantwortliche Bakterien identifizieren

Bei Verdacht auf einen komplizierten Harnwegsinfekt tritt die Suche nach dem Erreger in den Vordergrund: Ist es wirklich „nur“ der übliche Verdächtige E. coli oder steckt ein anderer Verursacher hinter der Infektion, dem vielleicht sogar mit den normalerweise verschriebenen Antibiotika gar nicht beizukommen ist? Um hier Gewissheit zu erlangen, wird im Allgemeinen eine Urinkultur angesetzt. Dazu wird eine kleine Menge Urin auf einen Nährboden gegeben, auf dem vorhandene Keime wachsen können. Der dafür verwendete Urin ist meist Mittelstrahlurin: Das heißt, der erste Strahl wird abgelassen und nicht verwertet – und erst der danach folgende aufgefangen und für die Kultur verwendet. Oder er wird durch Katheterisierung gewonnen, das heißt, indem ein dünner steriler Schlauch in die Harnblase geschoben wird, um Urin zu entnehmen. Beides – Mittelstrahl- oder Katheterurin – soll sicherstellen, dass der Urin nicht durch Keime aus dem Bereich der äußeren Geschlechtsorgane verunreinigt wird. Sowie der Urin auf den Nährboden geträufelt wurde, beginnen die Keime zu wachsen und binnen kurzer Zeit Kolonien zu bilden. 

Für den Spezialisten ist manchmal schon mit bloßem Auge an Farbe, Form und Oberflächenstruktur der Kolonie erkennbar, um welche Erreger es sich handelt. Trotzdem wird immer eine genaue Untersuchung unter dem Mikroskop vorgenommen. Ist der Erreger identifiziert, wird ein auf ihn zugeschnittenes Antibiotikum in die Schale gegeben. Stirbt die Kolonie daraufhin ab, wirkt das Antibiotikum, wenn nicht, ist der Erreger bereits dagegen resistent und es muss nach einem anderen Wirkstoff gesucht werden. Bei Harnwegsinfekten, die man sich während eines Krankenhausaufenthalts zugezogen hat, ist eine Urinkultur immer sinnvoll. Denn Keime in diesem Milieu sind oft resistent und eine exakte Bestimmung der Ansprechbarkeit auf Antibiotika erspart wirkungslose Therapiezyklen und ein Hinauszögern der Heilung.
 

Nur selten sind Viren beteiligt

Eher eine Ausnahmeerscheinung sind Harnwegsinfekte, die nicht durch Bakterien, sondern durch Viren verursacht werden. Hier gelingt der Nachweis nur über die Polymerasekettenreaktion. Wie ein Virus-Harnwegsinfekt am erfolgreichsten behandelt wird, ist noch nicht abschließend geklärt – im Gespräch ist Cidofovir, ein Virustatikum, das das Wachstum zahlreicher Viren hemmt.

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